BW 01/2022 - Agenda

Progressive Drehscheibe

Die Vereinigten Arabischen Emirate sind eine Schnittstelle für Wirtschaft und Handel. Bei ihrem Besuch dort loteten Michael Müller und IHK-Präsident Daniel-Jan Girl internationale Kooperations-Möglichkeiten aus.
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) pflegen mit einer Impfquote von über 90 Prozent und ambitionierten Zukunftsprojekten wie der CO2-Neutralität bis 2050 erfolgreich ihre Stellung als progressive Drehscheibe für Wirtschaft und Handel zwischen Europa, Asien und Afrika. Die pandemiebedingt um ein Jahr verschobene Weltausstellung Expo, die seit Oktober in der Drei-Millionen-Metropole Dubai stattfindet, hat dabei einen maßgeblichen Anteil. Davon konnte sich Ende November auch Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller, überzeugen, der auf seiner letzten Amtsreise mit IHK-Präsident Daniel-Jan Girl Dubai und Abu Dhabi besuchte, um die internationalen Wirtschaftsbeziehungen Berlins zu vertiefen.
Girl erklärte zur Reise-Mission: „Die Expo bietet den idealen Anlass, um die Berliner Wirtschaft mit ihren vielfältigen Kompetenzen und Stärken wieder auf der internationalen Landkarte zu positionieren.“ Die Unternehmen der Hauptstadt sehnten sich nach einem Restart und seien mehr denn je offen für Kooperationen mit internationalen Partnern. So stand der erste von zwei Besuchstagen ganz im Zeichen der Weltausstellung und der internationalen Kooperationen.
“Wir werden jetzt Berliner Unternehmen mit möglichen Partnern in der Region vernetzen.” Daniel-Jan Girl, IHK-Präsident
Auf die Besuche des deutschen Pavillons „Campus Germany“ und des Pavillons des Gastgeberlandes folgte ein Gespräch mit dem Chef von Talabat, dem lokalen Ableger des DAX-notierten Berliner Food-Unternehmens Delivery Hero, der für eine Direktflugverbindung zwischen Berlin und Dubai warb. 
Begrüßt wurden Müller und Girl auch von Helmut von Struve, dem CEO Middle East von Siemens. Der Konzern hat auf dem zentralen Platz des Expo-Geländes eine Präsenz eingerichtet. Von Struve stellte die wichtigsten Projekte des Unternehmens in der Region vor und erläuterte, wie eng Siemens und andere Unternehmen von den emiratischen Behörden in die Entwicklung des Expo-Areals eingebunden worden seien. Zum Abschluss des ersten Tages trafen Regierender Bürgermeister und IHK-Präsident auf Einladung des Deutschen Botschafters in Abu Dhabi Vertreter der emiratischen Wirtschaft und der Start-up-Szene. Die Diskussion konzentrierte sich auf das Thema Nachhaltigkeit. Die emiratischen Gesprächspartner sprachen sich dafür aus, Wachstum nicht zu dämonisieren, sondern vielmehr durch gemeinsame technologische Anstrengungen die Kosten für umweltschonendes Wirtschaften so zu senken, dass Ökonomie und Ökologie Hand in Hand gehen können.

Eine Besichtigung des Grünen- Wasserstoff-Projekts von Siemens Energy stand zu Beginn des zweiten Tages auf dem Programm. Außerhalb von Dubai in der Wüste gelegen, stellten die Siemens-Ingenieure eindrucksvoll vor, wie sie mit Solarenergie und Meerwasser aus Entsalzungsanlagen grünen Wasserstoff erzeugen, der, so das Ziel, in einigen Jahren als Alternative zu herkömmlichen Energieträgern auch preislich wettbewerbsfähig sein soll, um einen Beitrag zur Dekarbonisierung der Region zu leisten. Ein Direktflug Berlin–Dubai würde ebenfalls durch wegfallende Umsteigeverbindungen zur Dekarbonisierung beitragen, vor allem aber Berlin enger mit der dynamischen Weltmetropole verbinden, in der persönlich gepflegte Geschäftsbeziehungen das Maß der Dinge sind. Darum ging es auch in dem Gespräch mit dem Präsidenten der lokalen Airline Emirates, Sir Timothy Clark.
Michael Müller erklärte dazu: „Berlin bedarf einer besseren verkehrspolitischen Anbindung im internationalen Netzwerk. Ich habe mich deshalb erneut für eine Direktanbindung zwischen VAE und Berlin und den Ausbau des Flughafens BER zum internationalen Drehkreuz über zusätzliche Langstreckenflüge ausgesprochen.“
Im Rahmen eines Empfangs in Dubai trafen Müller und Girl schließlich auf rund 40 Vertreter von deutschen und emiratischen Unternehmen, die großes Interesse an Berlin als Wirtschafts- und Investitionsstandort zeigten.
Wie IHK-Präsident Girl zum Ende der Reise resümierte, konnte man Berlin in zahlreichen Gesprächen als Nachhaltigkeitsmetropole platzieren und den Bedarf bei potenziellen Partnern zur Zusammenarbeit oder Finanzierung ermitteln. Girl kündigte konkrete Verabredungen an, „mit denen wir jetzt Berliner Unternehmen mit möglichen Partnern in der Region zusammenbringen und dabei das Potenzial der Kreativität unserer Stadt für die Welt nutzen. Wir wollen und werden Vorreiter der Nachhaltigkeit sein, ein Leuchtturm, der mögliche Lösungen weltweit anbieten wird. Auf diesen gemeinsamen Weg haben wir uns beim Besuch in den VAE begeben.“

von Sami Bettaieb