BW 05/2022 - Agenda

Wohin geht die Reise?

Mit dem Sommerflugplan besteht nun erstmals eine Direktflugverbindung vom BER nach New York. Wie geht es weiter mit dem Luftverkehrsstandort Berlin?
Als große Chance und als Zeichen für den Neustart der Berliner Wirtschaft nach der Pandemie feierte Franziska Giffey den Erstflug von United Airlines am 28. März vom BER nach New York. Die Regierende Bürgermeisterin war mit Wirtschaftssenator Stephan Schwarz persönlich nach Schönefeld gereist, um den ersten Langstreckenjet in die USA vom BER abheben zu sehen. Und der markiert als erste Verbindung zum amerikanischen Kontinent in der Tat einen Meilenstein für den BER und auch für den Wirtschaftsstandort Berlin-Brandenburg. Wie der Wirtschaftssenator betonte, freue er sich, „dass die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Metropolen dadurch wieder deutlich vereinfacht werden“.
Dass die beiden Mega-Metropolen Berlin und New York verbunden gehören, unterstrich auch United-Kontinentaleuropa-Chef Thorsten Lettnin. Die tägliche Verbindung zum Big Apple wird nun dauerhaft ganzjährig angeboten, mit Anschluss in über 50 Städte der USA. Dabei ist die gemeinsam mit der Lufthansa AG betriebene Boeing 767 über beide Airlines buchbar. Als großen Wermutstropfen musste Lettnin jedoch mitteilen, dass es mit dem ebenfalls angepeilten Flug nach Washington D.C. in diesem Jahr wegen des Kriegs in der Ukraine doch nichts wird.
Und so wird die Verbindung in diesem Sommer eine von lediglich dreien sein, die Berlin direkt mit anderen Kontinenten verbinden, neben Doha und Singapur. Alle anderen Fernziele sind derzeit nur über Hubs wie Frankfurt, München, London oder Paris zu erreichen, ein echter Standortnachteil. Deshalb betonte IHK-Vizepräsident Robert Rückel: „Direktverbindungen machen die Metropolregion Berlin-Brandenburg attraktiver für Investitionen und Wirtschaftskooperationen genauso wie für Touristen und sichern so die Wettbewerbsfähigkeit der ansässigen Unternehmen. Gleichzeitig senken sie den CO2-Fußabdruck, weil die Zwischenstarts wegfallen und die Flugstrecken insgesamt kürzer sind.“

Breite Initiative der Wirtschaft

Schon lange vor der BER-Eröffnung hatte die IHK Berlin mit einer breiten Initiative von Wirtschaftsorganisationen intensiv um direkte Fernflüge geworben. Doch dann zwang die Pandemie die Fluggesellschaften weltweit zu Boden. War Berlin mit nur sieben Langstrecken schon vorher kein Umsteigeknoten, blieb dem BER zum Start nur noch eine. Nun heißt es: durchstarten und die internationale Erreichbarkeit der Hauptstadt­region ermöglichen. 
Unser Handycap besteht heute darin, dass nach dem Ausscheiden der Air Berlin alle großen europäischen Fluggesellschaften auf ihre angestammten Drehkreuze festgelegt sind und für interessierte Airlines aus Asien weiterhin Landerechte fehlen. Trotzdem hat der neue Airport BER aus Sicht der Wirtschaft das Potenzial, zum echten Tor zur Welt zu werden und nicht nur Zubringer für nahe Drehkreuze zu sein. Für dieses Ziel werden wir uns weiter starkmachen, denn jede direkte Interkontinentalverbindung kann bis zu 250 neue Firmenbeziehungen schaffen und auch Fachkräfte anziehen. Dass der Berliner Senat das auch ganz persönlich unterstützt, ist ein sehr gutes Zeichen. Nun sollte der Senat gemeinsam mit der Brandenburger Landesregierung das Gespräch mit dem Bund suchen, um noch fehlende Flugrechte freizugeben, sagt Robert Rückel.

IHK-Ausschuss diskutierte am BER

Wie gut der BER für die künftigen Herausforderungen aufgestellt ist, diskutierte der IHK-Ausschuss Tourismus und Gastgewerbe direkt vor Ort mit Flughafenchefin Aletta von Massenbach. Deutlich wurde dabei, dass die unsichere Pandemielage den Fluggesellschaften und dem Flughafen vor allem hohe Flexibilität abfordert.
War 2019 mit mehr als 35 Millionen Passagieren ein Rekordjahr für Berlin, ist das Aufkommen in der Pandemie deutschlandweit um rund drei Viertel eingebrochen. Nach rund neun Millionen im Jahr 2020 und knapp zehn Millionen 2021 erwartet die Flughafengesellschaft in diesem Jahr 17 Millionen Passagiere am BER, davon zwei Drittel im Sommerhalbjahr. Zu Engpässen wie im vergangenen Herbst soll es nicht mehr kommen. Inzwischen wurde die zweite Startbahn in Betrieb genommen, ebenso wie das neue hocheffiziente Terminal 2. Und auch im Hauptterminal wurden noch einige Umbauten vorgenommen, die mehr Platz und bessere Orientierung schaffen.
So sieht von Massenbach den BER auch gut aufgestellt für die zukünftig steigende Nachfrage. Auf Sicht überwiegt dabei anders als früher das Verreisen aus der Region gegenüber den ankommenden Berlin-Besuchern. Denn noch immer fehlen die großen Messen und Kongresse wie auch die Vielfalt der Kulturevents, zu denen hoffentlich bald wieder Millionen Gäste anreisen. Und die sollen dann mit dem bestmöglichen Erlebnis am BER willkommen geheißen werden.

von Dr. Lutz Kaden