Fachkräfte

Deutliches Ja zur Ausbildung in Berlin

Drei große Player – die ­Wasserbetriebe, die Deutsche Bahn und die Gasag – tätigen kräftige Investitionen in innovative Ausbildungsmöglichkeiten.
Berliner Politiker aller Couleur unterstellen immer wieder den Berliner Unternehmen, zu wenig für die Ausbildung junger Menschen zu tun. Angeblich würden Tausende vergeblich nach einer Lehrstelle suchen. Die Wirtschaft hält dagegen und verweist auf Tausende nicht besetzter Ausbildungsplätze. Laut einer jüngsten Umfrage gaben 28 Prozent der befragten Unternehmen an, auf ihre Offerten keine einzige Bewerbung erhalten zu haben. Aber solche Zahlen scheint die Politik nicht zu glauben, sie droht stattdessen weiterhin mit einer Ausbildungsplatzabgabe. In diesem Streit haben drei ganz große Player auf dem Ausbildungsmarkt – die Berliner Wasserbetriebe, die Deutsche Bahn AG und die Gasag – starke Zeichen gesetzt und ein nachdrückliches Bekenntnis zur Ausbildung in der Hauptstadt abgegeben.
Die Wasserbetriebe (BWB) bauen derzeit das 1907 in Betrieb genommene Abwasser-Pumpwerk an der Fischerstraße in Lichtenberg zu einem digitalen Aus- und Weiterbildungscampus um. „Für das Vorhaben sind rund elf Millionen Euro eingeplant“, sagte BWB-Pressesprecher Stephan Natz auf Nachfrage der „Berliner Wirtschaft“. Ab Juni 2024 sollen junge Menschen unter anderem in den Bereichen regenerative Energien, Ökologie und Regenwassermanagement aus- und weitergebildet werden. Zudem bietet der Neubau durch Co-Working-Spaces, Inspirations- und Denk-räume Platz für Kollaboration und Kommunikation. Und so stehen statt Abwasserpumpen demnächst 3D-Drucker und Apparate der Automatisierungstechnik und Robotik in den Hallen.
Zugleich verweist Natz auf eine Besonderheit des Projektes. Die Wasserbetriebe wollen kleine und mittlere Unternehmen gewinnen, sich im Rahmen von Verbundausbildung am Aus- und Weiterbildungscampus zu beteiligen. Bereits bestehende Kooperationen mit anderen Firmen könnten so weiter ausgebaut werden. Die Wasserbetriebe bilden derzeit 267 junge Leute in technisch-gewerblichen oder kaufmännischen Berufen sowie dualen Studiengängen aus. Die Ausbildung wurde mit dem Siegel für exzellente Ausbildungsqualität der IHK ausgezeichnet.

Moderne Ausbildungsstätte für 500 Azubis

Auch die Deutsche Bahn (DB) investiert kräftig in Ausbildung. Der Konzern hat in Treptow seine bundesweit größte Ausbildungswerkstatt für gewerblich-technische Berufe eröffnet. Dafür wurde für eine Mio. Euro ein Gebäude unweit des S-Bahnhofs Johannisthal umgebaut. Auf rund 5.000 Quadratmetern ist eine moderne Bildungsstätte für aktuell rund 500 DB-Auszubildende, darunter etwa 30 Prozent Frauen, und 22 Ausbildende entstanden. An dem Standort gibt es unter anderem sieben großzügig ausgestattete Werkstatt-räume für Gewerke wie Mechatronik, Elektronik, Automatisierungstechnik und Industriemechanik. Außerdem setzt die Bahn auf digitale Lernformen. Dazu gehören zum Beispiel HoloLens und Virtual Reality, mit denen virtuell 3D-Projektionen möglich sind.
„Mit der neuen Ausbildungswerkstatt schafft die Deutsche Bahn ideale Bedingungen für die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden“, betont der DB-Konzernbevollmächtigte für Berlin, Alexander Kaczmarek. Es sei ein Ort entstanden, der durch seine moderne Umgebung und innovativen Lernmethoden eine ideale Verzahnung von Theorie und Praxis schaffe. Die Ausbildungswerkstatt sei eine gute Investition in die Zukunft der Mitarbeitenden und somit auch in die Zukunft der Schiene.
Die Deutsche Bahn ist in Berlin und auch bundesweit einer der größten Ausbildungsbetriebe. In der Hauptstadt gibt es derzeit mehr als 1.100 Auszubildende. Dabei wurde die Zahl der Einstellungen in den vergangenen Jahren fast verdoppelt. 2024 will der Konzern rund 500 Nachwuchskräfte in Berlin an Bord holen. Die DB bietet insgesamt 50 Ausbildungsberufe und 25 duale Studiengänge an.
Die Gasag ist seit über hundert Jahren am Standort des Gaswerkes Weißensee I in der Gustav-Adolf-Straße in Weißensee aktiv. Dort baut die Gasag-Tochter NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg für zwei Mio. Euro eine Ausbildungswerkstatt, für die gerade Richtfest gefeiert wurde. Die 730 Quadratmeter große Halle verfügt über eine PV-Anlage, Wärmepumpe, LED-Beleuchtung und Ladeinfrastruktur. Viele Eigenleistungen werden von den Auszubildenden erbracht.  Mit dem Ausbildungsstart im September 2024 sollen dort Anlagenmechaniker und Rohrleitungsbauer ausgebildet werden. Zudem gibt es Platz für dual Studierende und Schülerpraktikanten.

Ideale Ausbildungsbedingungen

„Wir schaffen mit der neuen Ausbildungswerkstatt ideale Ausbildungsbedingungen für unseren Nachwuchs“, betont der Vorstandsvorsitzende der Gasag, Georg Friedrichs. „Denn ohne perfekt ausgebildeten und motivieren Nachwuchs werden wir die Energie- und Wärmewende in der ­Metropolregion nicht bewerkstelligen.“ Aktuell befinden sich 62 technische und 35 kaufmännische junge Frauen und Männer in einer Ausbildung beziehungsweise im dualen Studium bei der Gasag-Gruppe in Berlin und der Region.
von Holger Lunau