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Quartiere mit Zuversicht

Unbeirrt von der Krise am Bau treibt die Beos AG die Realisierung des Gewerbeareals „Berlin Decks“ am Spreekanal voran. Auch anderswo reifen Pläne.
Wenn man Nachrichten aus der Immobilienbranche verfolgt, ist man fast schon erleichtert, wenn überhaupt noch gebaut wird. Wie vielfach berichtet, ging die für Dienstleistungen, Produktion und Logistik verfügbare Fläche in den vergangenen Jahren stark zurück. Der öffentliche Druck auf Wohnungsneubau führte wiederholt zur Umwidmung von Gewerbegebieten. Für gut erreichbare Flächen in den Berliner Stadtgrenzen stieg die Nachfrage, bereits angesiedelte Firmen hatten Schwierigkeiten mit Erweiterungen, teils war die Abwanderung nach Brandenburg die Folge.

Neubauten in Holz-Hybrid-Bauweise

Einige Branchenkenner sprachen schon davon, dass es für Projektentwickler fast schon zu einfach war: Niedrigzinsen ermöglichten günstige Kredite für neue Bauvorhaben, alle Objekte fanden ihre Abnehmer, die Preise stiegen kontinuierlich. Der erste Rückschlag kam mit den Corona-Lockdowns, die auch langfristig zu mehr Homeoffice und somit weniger Nachfrage nach Büroflächen führten. Die Zinswende in Europa und weltweit verteuerte die Kreditaufnahme und Finanzierung laufender Projekte. Und der Anstieg der Energiepreise, der Inflation und der Materialkosten führten dazu, dass sich manches Vorhaben nicht mehr rechnete. Viele Unternehmen stoppten Bauprojekte, einige mussten gar Insolvenz anmelden.
Vor diesem Hintergrund fällt es positiv auf, wenn eine Investition konsequent fortgeführt wird und somit Zuversicht für den Berliner Standort manifestiert. Die Beos AG entwickelt im nördlichen Moabit, in unmittelbarer Nähe zum Westhafen, das Projekt „Berlin Decks“ mit rund 40.000 Quadratmetern für Produktion, Service und Lager. Mit der Mercedes-Benz-Tochter ­MBition und der Deutschen Film- und ­Fernsehakademie Berlin stehen zwei Mieter für die Büroflächen schon fest, die Fertigstellung ist für Anfang 2026 anvisiert. Neben einem sanierten Bestandsgebäude von 1912 entstehen vier Neubauten in Holz-Hybrid-Bauweise. Natürlich spüre man in der Branche eine gewisse Unruhe, gibt Beos-Projektleiter Tony Paumer zu. Zwar seien bereits 60 Prozent der Flächen vermietet, aber es ist schwer vorhersehbar, wie sich die Nachfrage nach Büroflächen gestaltet. Das Areal werde sukzessive und je nach Wunsch der Mieterinnen und Mieter entwickelt. Auch eine Kita sei vorgesehen, so Paumer, und Räume für Handwerk.
Handwerk, kleine Produktionsbetriebe und Manufakturen sind auch die Zielgruppe für ein weiteres Vorhaben in der Lichtenberger Bornitzstraße. Dort entwickelt die Wista Management GmbH eine landeseigene Fläche zum Gewerbehof. Auch wenn die Arbeiten sich noch im frühen Planungsstadium befinden, gehen die Verantwortlichen Medienberichten zufolge von fünf Jahren Bauzeit und einer Investitionssumme von 60 Mio. Euro aus.

Mischung aus Wohnen und Arbeiten

Für ein anderes zentrales Areal werden gerade wichtige Weichen gestellt:  den Rathausblock, auch bekannt als „Dragoner-Areal“ am Mehringdamm. Auf dem ca. 47.000 Quadratmeter großen Gelände soll ein Mischgebiet mit Wohnanteil und Gemeinbedarfseinrichtungen, Gewerbeflächen, Kultur und Grünflächen entwickelt werden. Nach jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen wurde das Gebiet an das Land Berlin übertragen, und in dessen Auftrag kümmert sich die Berliner Immobilienmanagement GmbH um die Flächenvergabe im Erbbaurecht sowie den Bau des Gewerbehofes. Den Wohnungsneubau auf einem Teilstück des Areals übernimmt die WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH, schon in diesem Jahr starten dort Abrissarbeiten der nicht denkmalgeschützten Bestandsgebäude. Im Juli 2023 hat der schwarz-rote Senat beschlossen, den Rathausblock als ein Stadtumbaugebiet auf Grundlage des beschlossenen integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts weiterzuentwickeln.
von Dr. Mateusz Hartwich